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Als Funker und Navigator in der Antarktis 1985/86

von Leopold Krenn (OE 1 LKS)

Den Artikel schrieb ich 1986. Bis jetzt hat sich natürlich einiges geändert. Es ist die Navigation und Komunikation erheblich einfacher geworden.

Wir waren uns schon seit Beginn der Vorbereitungsarbeiten einig ein Funkgerät mitzunehmen. Da kein einziger von uns jemals mit Funk zu tun hatte, entschloß ich mich, einen Amateurfunkkurs zu besuchen. Ich legte erfolgreich die Prüfung bei der Post ab und konnte somit mehr oder weniger gut mit Funkgeräten umgehen.

Ein sehr schwieriges Kapitel war, die geeigneten Gerätschaften zu finden. Da ich noch nicht erfahren genug war, solche Entscheidungen zu treffen, suchte ich Rat bei bekannten Amateurfunkern. Wir entschlossen uns schließlich zum Ankauf eines Kurzwellengerätes (ICOM, IC 735). Das Gerät ist vom Werk her von 0,1 -30 Mhz auf Empfang durchstimmbar. Für solche Zwecke ist es ratsam, das Gerät so umzubauen, daß es auch auf allen Frequenzen sendebereit ist.

Als Antenne verwendete ich einen Dipol aus Draht. Um auf verschiedenen Frequenzbändern die bestmögliche Abstimmung zu erreichen, konstruierte ich den Dipol so, daß man je nach Band die Antenne verkürzen oder verlängern konnte. Um Frequenzen außerhalb der abgestimmten Antenne verwenden zu können, benützte ich einen Antennentuner. Die Antenne spannten wir über einen 8 m hohen Mast, den wir mit genügend vielen Abspannungen gegen Umstürzen bei starkem Sturm schützten.

Jetzt blieb noch die Frage der Stromversorgung übrig. Batterien schieden aus, da es uns unmöglich schien, die notwendigen Batterien für den 100 Watt starken Sender mitzunehmen. Die tiefen Temperaturen, mit denen wir rechneten, sprachen auch gegen das Mitnehmen von Batterien. Also blieb uns nur noch ein kleiner leistungsfähiger Generator zur Auswahl.

Wir hatten noch zusätzlich 4 robuste UKW - Handsprechgeräte des österreichischen Bundesheeres, die wir zur Verständigung zwischen Basislager und anderen Lagern sowie zur Verbindung mit dem Schiff während des Lande - und Rückholmanövers verwenden wollten, mit.

So ausgerüstet hatte ich leider nur einmal die Möglichkeit, das Funkgerät in der Antarktis auszuprobieren. Leider waren die Ausbreitungsbedingungen nicht die besten. Es war mir unmöglich, Verbindungen mit Europa herzustellen. Nach Australien und Japan gab es keine Probleme.

Der Test bestätigte die richtige Wahl des Funkgerätes, der Antenne und des Generators. Es war uns leider nicht möglich, das Funkgerät bei tieferen Temperaturen als -5 Grad zu testen.

Vom Bordfunker der"Southern Quest" und aus der Literatur bekamen wir die Frequenzen verschiedener antarktischer Stationen. Wir hatten auch mit dem Schiff und dem Piloten des an Bord befindlichen Flugzeuges bestimmte Frequenzen und Zeichen für Gespräche und für den Notfall vereinbart.

Nach dem Test hatte ich nur mehr einmal die Möglichkeit, das Gerät in der Antarktis zu benützen. Wir konnten noch im letzten Moment das Funkgerät, die Antenne und den Generator aus dem sinkenden Schiff retten. Ich stellte dann die Verbindung mit der amerikanischen Station Mc Murdo her.

Ich bin jetzt ein begeisterter Funkamateur, habe mein Wissen über Funk gefestigt und bin jetzt noch mehr als zuvor überzeugt, daß ein gut funktionierendes Funkgerät (Kurzwelle) ein nicht zu übersehender Sicherheitsfaktor bei Expeditionen in so abgelegenen Gebieten wie die Antarktis ist.

Als Navigator hat man die Aufgabe den Standort zu bestimmen und die Richtung zum nächsten Wegepunkt festzulegen. Auf unseren Breiten ist das sicher kein Problem. Es gibt hier gutes Kartenmaterial, Führerliteratur, markierte Wege und natürlich auch Leute, die man notfalls nach dem Weg fragen kann. Man braucht sich hier nicht mit Deklination, Inklination oder astronomischer Navigation beschäftigen. Früher oder später stoßen wir bei einer Tour sicher auf eine Hütte oder ein Gasthaus.

Durch genaues Studium einschlägiger Bücher wußten wir ziemlich genau, mit welchen Problemen wir es in der Antarktis zu tun haben werden.

Unsere erste Arbeit war gutes Kartenmaterial von dem Gebiet, wo wir uns voraussichtlich bewegen würden, zu beschaffen. Nach endlosen Telefonaten und Besuchen von einschlägigen Instituten in England und Deutschland bekamen wir unser Kartenmaterial und Satellitenaufnahmen in überraschend guter Qualität zusammen.

Anhand der Karten und Fotos konnten wir unsere Route zum Mt. Minto in groben Zügen festlegen. Wir stellten uns die Frage, wie wir in diesem Gebiet am besten navigieren könnten. Da uns recht gutes Kartenmaterial zur Verfügung stand, durfte es kein großes Problem sein, den Standort zu bestimmen. Wir mußten nur die Abweichung von magnetisch Nord zu geographisch Nord am Kompaß berücksichtigen. Da wir uns sehr nahe dem südlichen magnetischen Pol bewegt hätten, fanden wir aus speziellen Tabellen und Karten heraus, daß wir mit ungefähr 120 Grad Abweichung rechnen mußten. Die genaue Deklination (Abweichung von geogr. Nord) konnten wir mittels Sonne, Kompaß, Uhrzeit und Tabellen oder Elektronenrechner bestimmen. Ich hatte sowohl Tabellen wie auch einen Elektronenrechner mit speziellem Navigationsmodul mit. (HP 41 CV, Bobby Schenk - Navigationsmodul). Der Vorteil des Rechners ist, daß man das Ergebnis ungleich rascher zur Hand hat als mit den Tabellen. Der Nachteil der Elektronik ist, daß sie bei extrem niedrigen Temperaturen versagen kann. Das zweite Problem, mit dem man in der Nähe der magnetischen Pole zu kämpfen hat, ist die Inklination. Als Inklination bezeichnet man die Neigung der Magnetnadel eines Kompasses. Die Neigung der Nadel kann infolge der starken magnetischen Kräfte in Polnähe so stark werden, daß sie am Kompaßgehäuse streift und sich nicht mehr frei bewegen kann. Wir besorgten uns daher für diesen Zweck Kompasse, die schon vom Werk her speziell für die hohen Breitengrade gebaut sind (Fa. Silva) und welche, bei denen man mittels Gewicht die Neigung der Nadel korrigieren kann.

Mit dieser Ausrüstung hätten wir uns im Landesinneren sicher zurechtgefunden.

Wir kalkulierten auch einen längeren Marsch auf dem Meereis ein. Dieser Fall wäre eingetreten, wenn uns das Schiff nicht nahe genug an die Küste hätte bringen können. Da hätten wir uns, wegen fehlender Bezugspunkte, mit astronomischer Navigation helfen müssen.

Ich beschäftige mich schon seit Jahren in Hinblick auf eine Expedition in die Antarktis mit der Standortbestimmung mittels Gestirnen. Zur Standortbestimmung verwendet man einen etwas veränderten und genaueren Winkelmesser, einen Sextanten. Man mißt den Winkel zwischen Horizont und Gestirn. Da man auf Land keinen Horizont sieht, mußten wir uns mit einem künstlichen Horizont helfen. Zu Hause und bei einer Expedition in Grönland verwendete ich eine schwarz gestrichene Glasplatte. Man braucht sie nur waagrecht auflegen und zwischen Gestirn und seinem Spiegelbild in der Glasscheibe den Winkel messen, der dann noch halbiert werden muß.

Ich erzielte hiermit recht brauchbare Standlinien. Mir erschien aber die Glasplatte nicht als Ideallösung. So entschlossen wir uns, einen Sextanten mit integriertem künstlichen Horizont zu kaufen. Um die Genauigkeit des Standortes noch zu verbessern, montierte ich den Sextanten auf ein Stativ. Auf diese Art erzielte ich eine Genauigkeit von +/- 2 km. Um aus der Winkelmessung den Standort zu bekommen, verwendete ich Tabellen oder den schon erwähnten Elektronenrechner mit Navigationsmodul.

Um einen genauen Standort zu bekommen, muß dem Navigator eine sekundengenaue Uhrzeit zur Verfügung stehen. Wir hatten zu diesem Zweck je Teilnehmer eine Casio - Präzisionsquarzuhr mit, deren Anzeigen wir gemittelt hätten. Da auch die genaueste Armbanduhr nach längerer Zeit nicht mehr die exakte Uhrzeit zeigt, hatten wir vor, die Uhrzeit mittels Zeitsignalen vom Funkgerät zu korrigieren. So ausgerüstet hätten wir bestimmt kein Problem gehabt, unser Ziel zu erreichen.

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