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Ein E-Mail eines Skippers an seine Crew

 

Grüß Euch

 

Es wäre besser, wenn Ihr Euch einen anderen Skipper suchen würdet. Mir ist etwas passiert, was einem welterfahrenem Segler nicht passieren dürfte. Ich navigierte mit Traude in den kleinen Supermarkt in Keri (der Ort tut nichts zur Sache). Wir brauchten einiges zum Überleben. Natürlich stand auch Bier auf dem Einkaufszettel. Wir kauften alles und, tranken noch Kaffee und Bier in der "Rock Bar". Anschließend motorten wir mit der Barkasse durch die etwa 0,2m hohe und gefährliche Brandung in die weit offene Bucht zu unserer Yacht (Josefine).

Am Tag darauf gingen wir natürlich, nachdem ich ein Morgenbier zu mir genommen habe (es waren noch zwei Dosen altes aber kaltes Bier übrig), "Anker auf".

Bei steifer Brise aus Nord (1-2) segelten wir aus der sicheren (Bar, Supermarkt, div. Restaurants) Bucht. Mit tief in den Nacken gezogenem Südwester (es blies zwar Nordwind, aber es gibt ja keinen "Norder") stand ich am Ruder und versuchte den gewünschten Kurs zu halten. Traude stand breitbeinig beim Kühlschrank um mir ein Ablege-Amstel (Dose Bier) rauszusuchen. Mit übermenschlicher Anstrengung kämpfte sie sich den Niedergang hoch und gab mir das Bier. Mit meinen vom Knöpferldrucken geschwächten Händen ergriff ich es. Das Öffnen der Dose machte mir keine allzu großen Schwierigkeiten. Ein herzhafter Schluck folgte, den Kompaßkurs immer mit einem Auge beobachtend. Das Bier schmeckte etwas leer. Na gut, ich dürfte noch den Geschmack meiner Zahnpaste im Mund haben, dachte ich mir. Noch immer ein Aug auf den Kompaß gerichtet betrachtete ich die Bierdose. Zur Sicherheit wischte ich mir die Gischt aus dem Gesicht um die Aufschrift auf der Dose besser lesen zu können. Ich trank Club-Soda!!!!!

"Trauauaudeee, wos is den des." Wutausbruch, verzehrtes Gesicht und natürlich Schuldzuweisungen folgten. Traude war ganz geschockt. Sie hat mich so noch nie gesehen.

Kompaßkurs, Wind, Segel, gefährliches Kap interessierten mich nicht mehr. Ich stürzte den Niedergang runter und riß, schon mit schlechter Vorahnung, den Eiskastendeckel auf. Der Eiskasten war voll mit rot-weißen Club-Soda Dosen. Dem "Amstel - Bier" sehr ähnlich.

Umkehren konnten wir nicht mehr, denn wir waren schon über den "Point of no Return".

Komplett deprimiert setzte ich mich wieder hinter das Steuerrad. Den Südwester verlor ich bei meinem Wutausbruch. Traude meinte ich hätte etwas zu heftig reagiert. Ich aber fand, daß ich trotz dieser außergewöhnlichen und gefährlichen Situation wie immer die Ruhe bewahrte - ich sprang nicht ins Wasser!

Jetzt mußte ich die restlichen 7,5Sm mit einem Bier durchhalten. Es gelang mir, ich war über meine Disziplin selbst überrascht.

Am nächsten Ankerplatz hievte ich geschwächt das Beiboot ins Wasser, ruderte an Land und versuchte meinen Segelschein zu verbrennen. Da aber in Griechenland alles dürr (nicht die Frauen) ist, ließ ich es beim Gedanken bleiben und versuche mich zu bessern.

 

Gruß Euer Nochskipper

Poldi

 

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